PAVEL SCHMIDT

 

 

REISESYNDROM by

Pavel Schmidt ist es sein Transportmittel, welches immer wieder in seiner Arbeit Verwendung findet. In Singen war es sein ausgedienter Ford-Scorpio mit über 400 000 km gemeinsam verbrachter Reise. Dort thronte dieser Wagen auf einem Comptoir, canonisiert zur Verehrung preisgegeben. Den gleichen Wagen finden wir in diesem Sommer beim Rastplatz Grauholz auf einem Sockel abgefahrener Pneus, an allen vier Ecken gekrönt von Kopien antiker Jungfrauen. Wie soll sein Wagen noch soviel gemeinsam verbrachten Taten nicht zu einem Fetisch werden? Für Solothurn ist eine neue künstlerische Verwertung dieses Autos zu erwarten.

Ausstellung Umspannwerk Singen

 

Das Auto wird in unserer Zeit bald als Inbegriff eines zweifelhaften Fortschritts angefeindet, bald als Idol einer ebenso zweifelhaften Freiheitsliebe verherrlicht. Pavel Schmidt, der schon als Kind u nterwegs war zwischen den Ländern und Kulturen, hat jenseits solcher Glaubenskriege ein völlig unverkrampftes Verhältnis zu ihm als der materiellen Basis seiner künstlerischen Existenz. Dem stetig auf der Reise Befindlichen ist es als Arbeitsort und Behausung zur selbstverständlichen Heimat geworden; auch nachdem es ausgedient hat, hält der moderne Nomade es entsprechend in Ehren, macht es zum Zentrum seines häuslichen Altars, in dem fast sein ganzes Besitztum geborgen ist. Die biographisch bestimmte Reise durch die Kulturen wird auch zur Zeitreise durch die Kunstgeschichte, die auf diese Weise anachronistisch aufgebrochen wird: Klassische Statuen, nach Jahrhunderten in beleibigen Reproduktionen für den Hausgebrauch zur Massenware degeneriert, zerstört der Künstler willentlich, um aus ihren Fragmenten Neues, Heutiges zu schaffen und ihnen auf diesem Umweg ihre ursprüngliche Würde zurückzugeben. Im Einklang mit den Energieströmen, welche die Figuren einer Gruppe verbinden, werden auch die energetischen Kräfte (É) neu belebt.

Martin Kraft, in Katalog "Die fünfte Himmelsrichtung", Singen 1997

 

 

Ausstellungen seit 1995:

1995 "Drôle de Rôle de l'Or", Musée du Ranquet, Clermont-Ferrand; "Rundbogen am bernsten sowie vorwiegend blau", Galerie Rigassi, Bern; "Und schon wieder Krefeld", Galerie Christian Fochem, Krefeld; "Aufsteigend fallen", Galerie Claudia Boer, Hannover; "Mussmusenmus-Venussprengung", Virus der Laden, München

1996 "Collabocosmogeografia", Kurmittelhaus, Comune di Merano, Meran; "Schraubstöcke und Schreibstifte", Galerie art-contact, Karlsruhe; "Entgleitungen und Heilungen" oder "Tag der offenen Hoffnung", "Venus-und Bacchussprengung", Galerie art-contact und Bedisches Landesmuseum, Karlsruhe;

1997 Galerie beim Steinernen Kreuz, Bremen; Galerie Sabine Wachters, Brüssel; Weinprojekt, Garibaldi, München; Galerie Marré&Dahms, Bottrop; Galerie an der Finkenstrasse, München; "die fünfte himmelsrichtung", Singen

1994-97 MILCHwirtschaft, München, Passau, Stein AR, Hannover, Cloppenburg, Italien

Bild Schwitzler

 

 

Umspannwerk Singen, 1997

 

 

Autobahnraststätte Grauholz, 1998

 

 

Installation im Palais Besenval